Islam als Lebensweise

I- Bezugspunkt

Jeder Gedanke besitzt einen Bezugspunkt. Das ist Voraussetzung um Sinntopologien zu deuten und zu verstehen. Überlegungen anzustellen bedeutet den Verstand auf die Reise zu schicken. Wenn in einem Zusammenhang über Reise, sich auf die Reise begeben und Reisender gesprochen wird, dann muss es auch bestimmt einen Startpunkt geben. Denn von irgendwo zu starten würde bedeuten, auch irgendwo, an einem unbestimmten Ziel, anzukommen. So ist der Startpunkt, von dem die Überlegungen ausgehen, genau dieser Bezugspunkt.

Für einen Gläubigen (mu’min), der sich „ohne wenn und aber“, Gott (Allah) ergeben hat, wird zweifellos der Bezugspunkt die Offenbarung Gottes sein. Das ist Voraussetzung, wenn man ein Gläubiger (mu’min) ist. Denn eine Person, die sich ihrer Werte sicher ist, nennt man „mu’min“*. Das Wertesystem, dem sich der mu’min (Gläubige) anvertraut, wurde durch Offenbarung übermittelt. Deshalb ist die Offenbarung auch die sicherste Brücke zwischen der Quelle der Sinnhaftigkeit – Gott (Allah) – und dem Adressaten dieser Sinnhaftigkeit – dem Menschen.

Aus diesem Grund wird die Hauptquelle sämtlicher Bezugspunkte in dieser Ausführung die Offenbarung sein. Der Verstand, der eine Offenbarung in Form von natürlicher Veranlagung (arab. fitrah) ist, wird – während er sich im Dunklen seines Universums fortbewegt -, mit dem Licht der Offenbarung schauen, mit dem Licht der Offenbarung erkennen und mit dem Licht der Offenbarung auf der Reise sein, wenn der Mensch Überlegungen anstellt.

* Der arabische Begriff „mu’min“ geht auf die arabische Wortwurzel „amn“ zurück, was übersetzt „Sicherheit“ bedeutet.

II. Was ist Islam?

Der Islam ist, gemäß dem Kronjuwel der Offenbarung – dem Koran -, nicht der Name „irgendeiner Religion unter vielen“. Er ist vielmehr ein Ausdruck für eine edle und aufrechte Haltung Gott (Allah) gegenüber. Islam ist nur ein anderer Name für die unveränderlichen Werte der gesamten Menschheit. Dem sprachlichen Inhalt nach besitzt der Islam drei Aspekte: In Bezug auf Allah bedeutet er „Ergebung“, in Bezug auf die Menschheit „Frieden“ und in Bezug auf das Jenseits „Errettung“. Und in seiner ganzen Bandbreite besitzt er die Bedeutung: Zu wissen, dass man Allah nur Sein Anrecht geben kann, wenn man sich Ihm bedingungslos hingibt. Folglich nennt man Menschen, die dieses Bewusstsein verinnerlicht haben, „Muslim“.

Der Islam existiert seit Beginn der Menschheitsgeschichte. Laut islamischer Überlieferung sind die Propheten Noah, Abraham, Moses und Jesus Gesandte des Islam. Auch das, durch Menschenhand unveränderte, Alte und Neue Testament sind Offenbarungsschriften des Islam. Aus diesem Grund ist der Koran nicht das erste Buch in der Offenbarungschronologie, sondern jenes, welches die Essenz der früheren beinhaltet.

Der Islam, mit dem uns die Offenbarung vertraut macht, ist nicht ein religiöses System im Sinne einer „Religion“, wie es im westlichen Sprachengebrauch geläufig ist. Daher ist er auch nicht nur ein theologisches Phänomen. Warum der Islam missverstanden oder überhaupt nicht verstanden wird, liegt hauptsächlich daran, dass in den Köpfen der Menschen im Westen über Begriffe wie „Religion“ und „Theologie“ Vorstellungen vorherrschen, die durch Prämissen von Paulus geprägt sind. Man sollte sich jedoch vergegenwärtigen, dass dem Kulturraum, der diese Begriffe geprägt hat, eine scharf trennende dualistische und cartesianische Logik zugrunde liegt: Physik-Metaphysik, Sakral-Säkular, Religion-Diesseits, religiöses Leben- diesseitiges Leben, Diesseits-Jenseits, Geist-Körper, religiöser Mensch- diesseitiger Mensch usw.

Islam, was eine andere Bezeichnung für die bedingungslose Hingabe zum Einen Gott ist, lehnt eine derartige Aufteilung kategorisch ab. Die Offenbarung setzt dem humanistischen Leitsatz „Der Mensch ist der Maßstab aller Dinge“ den Grundsatz „Gott ist der Maßstab der Wahrheit“ entgegen.

Die Offenbarung stellt das Leben ganzheitlich dar. Dies wird anhand des Begriffes „Jenseits“ (arab. akhira) sehr deutlich. Akhira bedeutet „die Kehrseite einer Sache“, also hier die andere Seite des diesseitigen Lebens. Zunächst akzeptiert man das diesseitige Leben. Dann wird von der einen und der anderen Seite, als die beiden Seiten, einer Wahrheit gesprochen. Die Offenbarung lehnt somit eine Aussage ab, die eine Seite für richtig und andere für falsch hält.

Mustafa Islamoglu
Übersetzung durch
VDMe.V.


Haben Sie sich nicht gewundert, warum der 2. Qur´anvers in der 2. Sura mit „hudan li´l-muttaqin(er ist eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen) abschließt und z.B. nicht mit „taqwan li´l-muhtadin“ (er ist eine Quelle zur Gottesfurcht für die Rechtgeleiteten)?

Erstaunlich auch, dass die meisten Koranübertragungen und – Erläuterungen auf diesen Punkt gar nicht eingehen. Noch erstaunlicher ist, dass manche diesen Vers dennoch so verstanden haben wie er nicht gemeint ist.

Würde Allah uns durch Seine Offenbarung mitteilen wollen, dass der Qur´an eine Quelle zur Gottesfurcht für die Rechtgeleiteten ist, so hätte Allah unzweifelhaft uns dies auf diese Weise mitgeteilt. Was möchte Allah den Menschen also durch diesen Qur´anvers und mit genau dieser Formulierung, welche besagt „der Qur´an ist eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen“ mitteilen?

Hier geraten unsere Vorstellungen durcheinander. Anders ausgedrückt: Das Ganze passt nicht in die Vorstellungswelt, die wir bisher entwickelt haben. Wir haben uns darauf versteift, dass wir meinen, man kann erst dann von Gottesfurcht (taqwa) sprechen, wenn man Rechtleitung erfahren hat. Wir denken, dass es keine Gottesfurcht vor der Rechtleitung geben kann. Der Qur´anvers besagt aber genau das Gegenteil. Er berichtet von einer Gottesfurcht vor der Rechtleitung. Wenn man einen Schritt weitergeht, kann man behaupten, dass er zum Teil folgende Aussage macht:

„Es ist die Gottesfurcht, die den Menschen vor seiner Rechtleitung zur Rechtleitung führt!“

„Gottesfurcht bevor man die Rechtleitung fand – Wie sollen wir das verstehen?“

Da ich bereits in einem meiner früheren Artikel über dieses Thema geschrieben habe (siehe: „Kann es eine Glaubensüberzeugung ohne ein Gewissen geben?“), werde ich nicht weiter auf diesen Punkt eingehen.

Ich erwähne dieses Thema aus dem Grund, weil ich eine Verkörperung dieses Qur´anverses getroffen habe: Murad Wilfried Hofmann. Wir führten ein herzliches Gespräch vor unserem gemeinsamen Symposium im Audimax der Universität Essen. Die Kapazitäten des Veranstaltungsortes wurden ausgeschöpft und so waren mehr als 800 junge Menschen zu der Veranstaltung gekommen.

Während unseres Gespräches erzählte uns Hofmann, den wir als einen Lehrer und Mentor betrachten, eine Anekdote aus seiner Zeit als deutscher Diplomat in Algerien. Damit wollte er belegen, welche tiefen Wunden das allseits bekannte Vorhaben – die Türkei vollständig von der islamischen Weltgemeinschaft abzutrennen – gerissen hatte.

Murad Hofmann beabsichtigte, mit seiner damaligen türkischen Ehefrau eine Moschee zu besuchen. Die Erlaubnis für den anvisierten Moscheebesuch wurde aber nur ihm, als deutschen Muslim, gewährt, seiner türkischen Gattin jedoch nicht. Nach dieser Anekdote machte er einen Witz und meinte: „Jeden Morgen, wenn ich aufstehe, sehe ich nach, ob (Ministerpräsident) Erdogan noch an seinem Platz ist!“

Der Leser wird es nachvollziehen können, wenn ich mich hier mit einem bitteren Lächeln an den algerischen Universalgelehrten Abdulhamid b. Badis erinnere, der in den 1920ern (also als noch nicht bekannt war, was sich genau abspielte), diejenigen, die der Verwestlichung von oben zuarbeiteten, mit dem Zuruf „O halaskarânı Islam“ ehrte.

Vor mir sehe ich eine durch die Offenbarung aufgerichtete, lautere Persönlichkeit mit solch einer geistigen Klarheit, die ich bei vielen Intellektuellen, die von Geburt an (!) Muslime sind, vermisse. Er betrachtet den westlichen Existentialismus als eine Art „Wortspielerei“. Unter den westlichen Denkern findet er Ludwig Wittgenstein hingegen seriös. Während ich im Flugzeug in einem Buch von Murad Hofmann schmökere, lese ich seine Beschwerden über die Herangehensweise dieses agnostischen Gelehrten, wie er mit Scheuklappen an den Islam herangegangen ist.

Als wir das Thema „Qur´an“ anschneiden, stelle ich – ich weiß nicht zum wievielten Male – fest, wie sehr dieser Mensch den Qur´an verinnerlicht hat. Kurzum, ich lerne ihn als einen Qur´anverliebten kennen. Ein tiefes Seufzen kommt aus meinem Herzen. Eine Sensibilität, von der nicht mal ein Promille bei unseren Leuten seines Schlages vorhanden ist. Eine fehlende Sensibilität gegenüber der Offenbarung nicht nur bei Atheisten, Agnostikern und Deisten, sondern auch bei „Islamisten“.

Ich war interessiert, welchen Hintergrund dieser fast 78-jährige, jung gebliebene, „auserwählte“ (d.h. ihtiyar= ein vollständig aktiver Wille, der die richtige Wahl treffen kann) Mann bezüglich des tiefen Wissens gegenüber der qur´anischen Offenbarung besaß. Bevor ich ihn dazu befragen konnte, erläuterte er dies von selbst: In jener Zeit, als er sich in Algerien befindet, ist dieses Land von Frankreich besetzt – schlimme Jahre, in denen das Blut in Strömen fließt. Die Algerier wollen, dass die französischen Besatzer ihr Land verlassen. Frankreich erwidert diesen Wunsch mit Blutvergießen, Demütigung und Massaker am algerischen Volk. Murad Hofmanns Bewunderung und Neugier gilt dem Geheimnis, welches den Algeriern in dieser schlimmen Zeit Hoffnung und Lebendigkeit schenkt. Schließlich findet er folgendes heraus: Dieses Geheimnis ist der Qur´an. Allah platzierte dieses Geheimnis in Sure al Baqara in den 153. Vers.

Ab diesem Zeitpunkt legt er seinen Weg mit dem Qur´an zurück. Der Koran zieht und bringt ihn zu seiner eigenen natürlichen Veranlagung zurück. Am Schluss betritt er den Islam durch die Hauptpforte, genauso wie der Gesandte Allahs (s) und seine Gefährten. Die Hauptpforte des Islam ist die qur´anischen Offenbarung.

Während seines Studiums in den USA erleidet er einen schlimmen Verkehrsunfall. Sein Gesicht und seine Unterlippe werden schwer in Mitleidenschaft gezogen, er verliert 19 Zähne, ein Arm wird ausgekugelt und seine rechte Kniescheibe verrutscht. Als er seine Augen im Krankenhaus öffnet, sagt der Chirurg zu ihm: „Mein lieber Freund, Gott hat anscheinend mit Ihnen noch etwas vor. Denn so einen Unfall überlebt keiner so leicht.“

Hofmann erzählt: „29 Jahre danach, am 25.09.1980 habe ich dies begriffen.“ An diesem Datum findet Hofmann zu seiner natürlichen Veranlagung (fitrah) d.h. zu sich selbst zurück. Er trägt die folgende Notiz in sein Tagebuch ein: „…ich habe bemerkt, dass ich trotz mir selbst, auf eine ganz unwillkürliche Art, ohne irgendeinen Schock zu erleben und Schritt für Schritt im Gefühl und in den Gedanken angefangen habe ein Muslim zu werden.“

Es ist somit sicher, dass ihn der Koran schrittweise zum Haupttor des Islams näher gebracht hat. Wenn ich jemanden mit den Gefährten vergleichen will, ziehe ich gerade aus diesem Grund den Vergleich mit den Konvertiten, die mehr als „die geborenen Muslime“ durch Schweiß auf ihren Stirnen und mit Anstrengungen in ihren Herzen, sich nochmals „von selbst auf die Welt bringen“ und auf dieser Art Muslime werden. Denn sie waren alle Konvertiten, beginnend mit dem Propheten (s), über den gesagt wird „Weder wusstest du, was die Schrift noch was der Glaube ist“ (s. Qur´an 42:52), bis zu den Gefährten. Und jeder von ihnen trat durch das Haupttor in den Islam hinein.

Aus diesem Grund ist der Qur´an eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen. Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, diesen Sachverhalt meinen Lesern verständlich zu machen….

Mustafa Islamoglu
Übersetzung durch: VDMe.V.


Wegbrief

01Nov08

Mein Freund, schau auf die Sonne, schau auf die Erde, schau auf das Wasser, schau auf Wolken, aber schau nicht zurück… Es ist unwichtig, wer kommt, es ist auch unwichtig, wer nicht kommt. Vergiss es nicht: Der Reisende ändert sich, der Weg ändert sich, aber das Ziel ändert sich nicht.

Erkenne den Weg nicht am Reisenden. Schau auf den Weg und erkenne den Reisenden, urteile über den Reisenden danach. Das Gefährliche ist nicht, dass der Weg keinen Reisenden hat, sondern dass der Reisende keinen Weg hat; weglos, ziellos, zwecklos, verwirrt, unbeständig und ungewiß…

Diejenigen, die sagen „der sicherste Weg sei der Weg, der keine Dornen hat“, täuschen dich. Sie sind die Verwirrten, die unter der Straßenlampe danach suchen, was sie in ihren dunklen Häusern verloren haben. Macht nichts! Die Dornen, die dir an den Füßen weh tun, sind der Vorbote der Rose, die du suchst. Diejenigen, die über das Dulden der Dornen sprechen, benehmen sich, als ob sie liebten, aber was diejenigen angeht, die wahrhaftig lieben, so lieben sie auch die Dornen.

Mein Freund, Wege sind zum Laufen. Aber, vergiss nie die folgende Wahrheit: Man kann nicht durch das Laufen erreichen, aber diejenigen, die erreichen, sind die Laufenden. Den ganzen Weg hindurch wirst du diejenigen sehen, die eine Reise antreten, aber nicht laufen; diejenigen, die auf dem Weg sitzen und die Passanten stolpern; diejenigen, die auf dem Weg mit metaphysischen Betäubungsmittel Spaß haben; diejenigen, die auf dem Weg auf und ab marschieren, welchen sie mit Draht eingezäunt haben und für sich selbst zu einem Kerker gemacht haben; diejenigen, die in den Marathonlauf schnell wie Hundert-meter-läufer eingehen und am fünfzigsten Meter auf dem Weg liegen; diejenigen, die nachdem sie gesehen haben, dass der Lauf lang und schwer ist, den Weg auswürfeln; diejenigen, die eine verdrehte Ansicht vom Weg, vom Reisenden und vom Ziel geben; diejenigen, die eine Rechnung für einen einzelnen Dorn ausstellen, der ihr an den Füßen wehgetan hat, und die damit ihr ganzes Lebens prahlen; diejenigen, die unbewusst ins Leere starren und auf den Retter auf einem weißen Pferd warten; diejenigen, die mit falschen Führern böse sind und den Weg verkaufen.

Es macht nichts, lauf weiter. Trage an deinem Brust kein anderes Amulett außer deinem Herz. Lass die Gotteseoffenbarung deine Karte sein, lass den Heiligen Prophet (SAWS) dein Führer sein, lass Vernunft dein Kompass sein, lass Glauben dein Kapital sein, lass Handlung deine Versorgung sein, lass Liebe dein Kraftstoff sein, lass Sitten dein Charakter sein, lass gute Manieren dein Accessoire sein, lass Gnade dein Attribut sein, lass Ehre und Respekt dein Name sein. Der richtige Weg ist nicht der Weg, den die meisten Leute folgen, sondern es ist der Weg von denjenigen, die denken und Verstand besitzen.

Jede Verschnaufpause, die du unterwegs hast, musst du am Halt der Selbstkritik nehmen. Vergiss nicht, dass die Reue Selbstkritik ist. Derjeinige, der sich zur Rechenschaft zieht, wird davon gerettet, durch andere zur Rechenschaft gezogen zu werden. Es ist für dich notwendig, an jeder Verschnaufpause zu überprüfen, dass du auf dem Weg bist, und dass du in der Richtung aufs Ziel läufst, zu dem du laufen musst, damit du kein Bedauern fühlst. Es kann häufig notwendig sein, die Richtung zu finden. Der zuverlässigste Platz, wo du die Karte verwahren kannst, ist dein Herz. Noch eine Sache: Halte den Kompass von falschen Magnetfeldern und parasitischen störenden Gegenständen fern. Es kann schon sein, dass du nicht bemerkst, wie sie die Nadel deines Kompasses ablenken.

Unter den Bedingungen, die für die Sicherheit des Weges notwendig sind, kommt das Bewusstsein erst. Du musst dich von allen möglichen Betäubungsmittel fernhalten, die dein Bewusstsein verdrehen können. Du musst die Ablenkungswirkung deiner Hobbys, deiner Phobien und deiner Ängste auf dein Bewusstsein vorsichtig berechnen. Wenn du andere außer Ihm (SWT) fürchtest, musst du es bestimmt wissen, dass du davon besessen wirst, was du fürchtest. Die größte Falle, in die du geraten kannst, ist die Falle von grundlosen Ängsten, das heißt die Falle, die dir deine eigene Selbsucht stellt.

Gute Reise, mein Freund.


Ich denke, wenn ich sage, dass die moslemischen Sieger lange vor dem Erreichen der Vorderseiten Istanbuls das Gebiet des Khazar-Kaukasus erreicht hatten, wird es klar, wie früh der Khazar-Kaukasus mit Islâm bekannt gemacht wurde.

Vor ein paar Tagen waren wir in Aserbaidschan, das ein Stück jener Länder ist. Erlebt man Heiterkeit und Schwermut zur gleichen Zeit? Wir erlebten diese zwei Gefühle zusammen während unserer ganzen Reise nach Aserbaidschan. Manchmal wurden wir mit Heiterkeit und manchmal mit Schwermut überwunden. Aber, sowohl unsere Heiterkeit als auch unsere Schwermut waren für Ihn (SWT).

Können Sie nicht eine Intrige in der Tatsache sehen, dass Kommunismus in Westeuropa erfunden, aber in anderen Teilen der Welt angewandt wurde? Ich kann. Der Kommunismus war ein Projekt, das vielmehr zum Zerstören der alten und festen Identität als zum Bilden einer Ideologie beabsichtigt war. Tatsächlich hat sich das Projekt im Sinne der ideologischen Bildung in einen völligen Misserfolg verwandelt, während das im Sinne der Identitätszerstörung erfolgreich gewesen ist. (!)

Das ist das, was man in Aserbaidschan sieht. Als unser Flugzeug über Baku fliegt, einer Stadt mit 4 Millionen Einwohnern, die eine Hälfte der Landesbevölkerung beherbergt, suchen meine Augen nach einem Minarett aber können keines finden. Bei der Landung wird es mir gesagt, dass die Zahl der Moscheen mit Minaretten in dieser Stadt mit einer Hälfte der Landesbevölkerung ist nicht größer als sogar die Zahl von Fingern einer Hand.

Man sollte nicht die Wichtigkeit von Minaretten unterschätzen. Minarette sind Zeugnisse. Die Minarette erzählen von der moslemischen Identität der Stadt. Sie sind der Shahadah, den der Architekt macht. Jedoch, während es 20 Moscheen im Alten Baku gibt, das auf einem sehr kleinen Platz innerhalb der Stadtmauern gebaut ist, ist das die gegenwärtige Situation in der neuen Stadt. Es betrübte mich, die Moscheen in der alten Stadt zu sehen, die als auf Touristen spezialisierte Läden benutzt werden.

Das ist der erste Eindruck, den ich von der Identitätskrise des Landes hatte. Überflüßig zu sagen, dass diese Krise nicht auf eine architektonische Krise beschränkt ist. Die Sowjets scheiterten, den Kommunismus zu gründen, aber sie schafften, den Laizismus zu gründen. Vielleicht ist es wegen genau dieses Ergebnisses, dass die Freie Welt (!) die Stalinistische Brutalität einfach beobachtete und nichts im Einwand sagte.

Aserbaidschan, das nach seiner Identität sucht, scheint jetzt, im Geld zu sein. Ein Teil des Landes mit einer Bevölkerung von 8,5 Millionen ist unter der militärischen Besetzung Armeniens. Eine Million Einwanderer von Karabakh leben in Baku unter sehr schwierigen Bedingungen. Trotz allem diesen ist Aserbaidschan eines der am schnellsten entwickelnden Länder der Welt. Erdgas und Erdöl haben das Land glücklich gemacht. Das BSP des Landes hat sich in diesem Jahr um 21 % erhoben.

Positivist- und Materialist-Kopf denkt wie folgt: Der Wohlstand eines Landes ist zu seiner Religiöskeit umgekehrt proportional. Wenn Geld durch die Tür eingeht, geht Religion durch das Fenster aus.

Einige in unserem Land pflegten, an diesen Aberglauben zu glauben. Wie können wir diejenigen vergessen die durch die Zunahme des Wohlstands des Landes zusammen mit der Zunahme der Gläubigkeit der Leute verwirrt wurden? Das, was für die Türkei gültig ist, ist auch für Aserbaidschan gültig. Außerdem, trotz solch einer komischen Handlung wie das Exportieren des Laizismus in Aserbaidschan sofort, nachdem es aus dem Kommunismus gerettet geworden hat, ist das noch so.

Die Leute Aserbaidschans suchen nach seiner Identität. Wie es in unserem Land der Fall ist, gibt es auch eine Klasse in Aserbaidschan, die während des sowjetischen Zeitalters zu Mankurts gemacht wurde. Sie begreifen sogar nicht, was sie verloren haben. Worüber sie sich sorgen, ist offensichtlich: etwas zum Essen zu haben, einen Platz zum Schlafen zu haben. Aber eine wohlerzogene, distinguierte und fromme Klasse bildet sich jetzt in Aserbaidschan. Nach dem privaten Gespräch zuerst mit Herrn Hamlet, dem Rektor der Universität in der ich eine Konferenz gab, wer so freundlich war, bei der Konferenz Gastgeber zu sein, und danach mit den im Saal anwesenden Lehrern, wurde dieser Eindruck noch stärker.

Ich erlebe mein erstes Erstaunen als ich eine Übersetzung von einem meiner Bücher in den Azeri Dialekt auf meinem Sitzplatz finde. Nach einer Weile erscheinen die zwei Helden dieser Tat vor mir: Yegane Mirzoeva und Gülşen Gaffarova. Sie beide sind junge und lebhafte Damen, die an der Universität unterichten. Ihre Augen sind hell. Beim ersten Treffen, auf Füßen stehend, sagen sie so viel nicht nur mit ihren Worten sondern auch mit ihrer Kleidung, ihren Augen, ihren Gesichtern, und sogar mit ihren inneren Selbst, dass man „ALLÂHU AKBAR“ sagen muss. Wir sehen die Herrlichkeit des Uwandlungskrafts von Islâm noch einmal. Später begegnen wir Zehnen solcher Männer und Frauen. Sie alle sind wohlerzogene Leute. Der Präsident der Gemeinschaft der Einladung zu Geistiger Reinheit und Doktor der Philosphie Elşen Mustafaoğlu, der Eigentümer von Premier Hotel und ein enorm freundlicher Mann Samir Hasanov, und Frau Solmaz, wer, obwohl die Sprecherin des Staatsfernsehkanals ist, Kleidung gemäß der Gesetze Islams vor Position und Berühmtheit bevorzugt, sind alle netten Leute, die die frohen Nachrichten von der viel versprechenden Zukunft von Azrbaijan geben. Ich habe die Tränen von Frau Solmaz, die sie das ganze einstündige Radiointerview hindurch nicht halten konnte, als ein tief empfundenes Bittgebet für Aserbaidschan, das Land dessen Glaube zerstört worden ist, gelesen.

Mein zweites Erstaunen erlebe ich beim Sehen einer Rolle von den aus meinen Artikeln bestehenden Ausdrücken in den Händen von Hacı İlgar İbrahimoğlu, wer der Imam von Freitagsgebeten in Aserbaidschan ist und wer als ein Gelehrter zählt, der die Shii Moslems vertritt (70 % der Bevölkerung des Landes setzt sich aus den Schiiten / Ahlul Bayt zusammen). Herr Hacı bittet mich um meine Zustimmung und Erlaubnis, meine Werke in Freitagspredigten und in seinen eigenen Artikeln zu verwenden.

Ich studiere die Identität der Märtyrer von 1920-1924 Jahren in Şehitler Hıyabanı (Märtyrer-Gasse). Es ähnelt stark Çanakkale. Märtyrer aus Konya, Kayseri, Al-Quds, Kosova, Nablus, Kirkuk, Bagdad, Beirut, Shumnu, Damaskus, Diyarbakir, Samsun und anderen. Die osmanische Karte ruht hier.

Mit der glühend heißen Liebe in meinem Herzen und mit dem folgenden Ausdruck in meinen Lippen, der mir gehört, kehre ich zu meinem Land zurück, das von Dieben unaufhörlich zerstört wird:

Kommt der Sommer nicht zum Berg Erciyes wenn er zu Kayseri kommt?